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Trauma Obama

7. November 2012 Kommentare aus
Corinna Kreiler mit Danielle Cabo

Danielle Cabo (r.) hat für Mitt Romney gekämpft
Foto: Carmen Rodriguez

Einen Nervenzusammenbruch habe sie schon gehabt, sagt Danielle Cabo, 19 Jahre alt und glühende Anhängerin der Republikaner. Dabei hatte Mitt Romney die Wahl noch gar nicht verloren, allein die Vorstellung, er könnte sie verlieren, habe sie in den Wahnsinn getrieben, sagt sie. Ihr Freund habe sie beruhigen müssen. Sie schluchzt, Tränen laufen über ihre Wangen. Gerade hat Fox News gemeldet, dass Barack Obama als Präsident wiedergewählt wurde. „Das ist die schrecklichste Nacht meines Lebens.“

Durch Obama habe sie ihren Job verloren, weil ihr Chef sie sich nicht mehr habe leisten können, wegen der hohen Steuern, sagt sie. Also hat sie ihr Leben den Republikanern verschrieben. „Bis zu 16 Stunden am Tag habe ich geschuftet, alles damit diesmal bloß nichts schiefgeht.“

Dabei hatte der Abend für sie noch ganz vielversprechend angefangen. Frenetisch bejubelte die Menge, die sich im Hilton Hotel in Miami versammelt hatte, jeden Sieg von Präsident Romney, den Fox News vermeldete. Alabama, Arkansas, Georgia, alles Romneyland. „USA, USA“, skandiert die Menge, und „Mitt Romney, Mitt Romney!“ Gläser klirren, die Laune ist blendend. Doch dann der Schock: Obama gewinnt Wisconsin. „Oh nein oh nein, das darf nicht wahr sein“, flüstert Danielle. Es ist wahr, und  nicht nur das, er räumt im Mittleren Westen ab. Und als dann schließlich feststeht, dass Obama wieder Präsident ist, bricht für die 19-Jährige eine Welt zusammen.

„Wie kann man denn so dumm sein und diesen Mann wählen“, flüstert sie, „er wird dieses Land ruinieren, er will den Kapitalismus abschaffen.“ Tränenüberströmt verlässt sie den Saal – sie ist nicht die einzige. Wenige Minuten nach der Entscheidung stehen nur noch ein paar Reporter im Raum, verzweifelt auf der Suche nach Interviewpartnern. Außer ein paar Helfern, die die Romney-Ryan-Schilder von der Bühne abhängen, ist kaum jemand mehr da.

An der Basis

6. November 2012 Kommentare aus
Corinna Kreiler in Overtown

Corinna Kreiler in Overtown (Foto: Carmen Rodriguez)

Das Wahllokal in Overtown hat fast schon geschlossen. Fast ausschließlich Afro-Amerikaner leben hier, es ist das ärmste Viertel Miamis, die Kriminaliätsrate ist hoch, die Arbeitslosigkeit auch. Es gibt kaum Geschäfte, stattdessen viele leerstehenden Gebäude. „Wir müssen aufpassen, wenn man von der Hauptstraße abbiegt, wird es hier richtig gefährlich. Grad gestern wurde hier einer erschossen,“ sagt die Fotografin Carmen Rodriguez, die mich begleitet. Sie hat hier viel fotografiert  und kennt sich deshalb aus.

Vor dem Wahllokal haben die Menschen einen großen Lkw aufgebaut, aus Boxen wummert Hiphop. Die Menge klatscht und tanzt.  Plötzlich kommt eine junge Frau auf uns zu. „Ihr gehört hier nicht her“, sagt sie. ‚“Wenn ich in euer weißes Viertel gehen will, hält mich die Polizei auf, nur dass ihr das wisst.“ „Ich weiß“, antwortet Carmen, „aber ich kenne hier viele Leute und wir wollen nur ein bisschen mit euch reden.“ „Die Leute hier reden nicht mit Weißen, denen könnt ihr so viele Fragen stellen wie ihr wollt“, sagt sie. „Ich bin nicht weiß, ich bin Kubanerin“, sagt Carmen.

Ein Dicker mit Megaphon bleibt stehen und sagt zu mir: „Du siehst aus wie eine Bush-Wählerin.“ „Wie bitte?“, sage ich. „Nur weil ich weiß bin? Ich kann Bush nicht ausstehen!“ Langsam wird es ungemütlich. Zum Glück kommt Kean Hardemon vorbei, der für den Kongress kandidiert. Ich frage ihn, was er ändern will, wenn er gewählt wird. „So gut wie alles“, sagt er. „Das hier ist echt ein schwieriges Viertel, der Osten von Miami ist reich, aber hier im Westen sind die Leute arm. Fast niemand hat hier Arbeit und die Kriminalität ist hoch. Wir brauchen mehr Jobs und vor allem: Hoffnung.“ Klingt nach einer fast übermenschlichen Aufgabe. Wie er das alles schaffen will, verrät er nicht.

Wir gehen weiter in einen kleinen Barbershop, den Willie Williams‘ Familie seit den 50er Jahren in diesem Viertel betreibt. Ja sagt er, in diesem Viertel gebe es viele Probleme. „Aber es gibt den Leuten Hoffnung, dass ein schwarzer Mann im Weißen Haus sitzt. Das zeigt uns, dass man es auch als Schwarzer zu etwas bringen kann.“ Für heute Abend ist in dem Viertel jedenfalls ein großes Fest geplant.

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Mini-Battleground Palmetto Bay

6. November 2012 Kommentare aus

Romney-Anhänger in Palmetto Bay

Es ist Vormittag in Palmetto Bay, einem Vorort von Miami. Das Wahllokal liegt direkt am Highway 1, der den Wohnbezirk der weißen Reichen von den eher nicht so reichen Schwarzen und Latinos trennt. Am Wahllokal kommen alle zusammen – und es entbrennt eine Miniatur Wahlschlacht.

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Die Qual der Wahl

3. November 2012 Kommentare aus

In den USA wird am Dienstag gewählt,  denken die meisten Menschen in Europa. Stimmt auch. Und auch irgendwie nicht, denn die Wahl ist schon in vollem Gange. Seit rund einer Woche geben Amerikaner im ganzen Land ihre Stimme ab. Early Voting nennt sich das Ganze, und es soll unter anderem verhindern, dass der Andrang am Wahltag zu groß ist.

Lange Schlange

Lange Wartezeit: Wähler in Miami Gardens

Doch auch beim Early Voting ist er immens, besonders an diesem Samstag. Die Schlange vor dem Wahllokal in Miami Gardens, wo viele Einwanderer aus der Karibik leben, windet sich mittags mehrmals um das Gebäude. Tracy, 18, und ihre Freundin Diane sind seit fast sechs Stunden hier, den Eingang haben sie immer noch nicht erreicht. „Aber wir sind nah dran, und das Ganze ist es wert. Obama muss einfach gewinnen“, sagt Tracy, die noch zur Schule geht und zum ersten Mal wählt. Ihre Freundin nickt. „Wir sind seit 6 Uhr früh hier, ich bin zwar müde, aber das ist egal.“ Eine Stunde dauert es noch, schätzen die beiden.

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So geht Kampagne!

21. Oktober 2012 Kommentare aus

Der Wahlkampf geht in die heiße Phase. Und zwar nicht nur unter den Augen der Weltöffentlichkeit, sondern auch der Wissenschaft. In seiner Campaign Class an der kalifornischen Eliteuni Stanford bringt Professor Shanto Ivengar seinen Studenten bei, wie man eine Präsidentschaftskampagne erfolgreich lanciert – und was man besser lassen sollte.

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Romneys Propagandaschlacht auf der Leinwand

12. Oktober 2012 Kommentare aus

Alles ist außer Kontrolle. Die Gesellschaft, das Land und erst recht die Regierung. Die will einen sozialistischen Volksstaat einführen und tritt in Gestalt eines stammelnden Jungspundes auf, der bei dem Eisenbahnunternehmer Henry „Hank“ Rearden vorstellig wird. Rearden trägt einen dunklen Anzug und hat ein überlegenes Lächeln aufgesetzt. Er möge der Regierung bittesehr mal eben 10.000 Tonnen von seinem Stahl überlassen, es sei schließlich „im öffentlichen Interesse“, sagt der Jungspund mit dünner Stimme.

Der Eisenbahnunternehmer blickt ihn höhnisch an, steht auf und sagt feierlich: „ Ich werde dieser Regierung gar nichts verkaufen. Ihre Leute können gern bewaffnet kommen und sich das Zeug holen. Sie müssen sich entscheiden, auf welcher Seite Sie stehen.“ Freiheit oder Sozialismus.

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Obama gegen die Kuh-Expo

4. Oktober 2012 Kommentare aus

Wisconsin im mittleren Westen. Der Heimatstaat von Romneys Vize Paul Ryan ist heiß umkämpft – so heiß, dass Präsident Obama in der Hauptstadt Madison persönlich um Stimmen werben will. Doch in der Stadt findet gleichzeitig ein echtes Ereignis von Weltrang statt: Die Kuh-Expo „Dairy Show“, die größte Veranstaltung rund ums Milchvieh der Welt.

Das „Highlight eines jeden Kuhbesitzers in den USA und Kandada“ sagt Matt aus Minnesota, der zehn Braun-Weiße in die Show schickt. „Jeder Kuhbesitzer in Amerika fiebert das ganze Jahr hierauf hin“. Seine Kühe hat Matt um 4 Uhr in der Früh geweckt, sie rasiert, ein bisschen Farbe auf den Rücken aufgetragen und Schuhcreme auf die Hufe. Am Ende des Tages liegen  die Tiere dann matt im Stroh. „Die sind jetzt sehr müde.“ Dass Obama kommt, ist Matt so egal wie den meisten anderen Viehbesitzern auf der Show. „Das ändert für mich und meine Tiere überhaupt nichts.“

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